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Kreativer Austausch in offenen Räumen

GIESSEN – (olz). Ein mittellauter Plauderton durchzieht die Elektro-Labore in der Theodor-Litt-Schule. Es läuft der Unterricht für Auszubildende der industriellen Elektroberufe, der mit althergebrachten Vorstellungen von Frontalunterricht oder klassischen Gruppenarbeiten nichts mehr zu tun hat. Im Gegenteil: Die Schüler arbeiten in kleinen Teams gemeinsam Arbeitsaufträge ab, die möglichst nah an den Anforderungen des künftigen Berufsalltags sind. „Durch den Wandel des Rahmenplans haben wir uns von der Trennung nach Fächern wie Mathematik und Zeichnen verabschiedet. Jetzt arbeiten wir nach einem Lernfeldmodell“, erklärt Oberstudienrat Matthias Schneider im Gespräch mit dem Anzeiger. Damit die Schule dieses neue Modell umsetzen kann, hat die Stadt in den Umbau der Räumlichkeiten investiert. Die Elektro-Labore sind mittlerweile fertiggestellt und in Betrieb genommen. Der Abschluss der Arbeiten an der gesamten Theodor-Litt-Schule steht in diesem Frühjahr an.

„Früher gab es hier mit dem Starkstromlabor, zwei Klassenräumen und dem Labor für Elektronik vier klassische Fachräume. Technologisch war das alles in die Jahre gekommen“, sagt Schuldezernentin Astrid Eibelshäuser bei einem Rundgang durch die neuen Räume. Diese haben mit den herkömmlichen Vorstellungen von Unterrichtsräumen nichts mehr zu tun: Die Elektro-Labore umfassen eine große und ungeteilte Fläche.

Raumteiler stehen zur Verfügung, ebenso wie jede Menge Tische und technisches Gerät, an dem die Auszubildenden unterschiedliche Aufträge abarbeiten. Die offenen Räume, an die ein separater Besprechungsraum angrenzt, fördern den kreativen Austausch zwischen den Schülern, denen in einem abgewinkelten Bereich des großen Raums auch eine Fläche zur klassischen Wissensvermittlung zur Verfügung steht. Noch steht nicht fest, wie hoch die Gesamtkosten für die neu gestalteten Elektro-Labore sind, aber die Sonderausstattung mit Computern, Möbeln und weiterem technischen Gerät kostet rund 200 000 Euro.

„Großer Wandel“

„Gerade im Elektrobereich unterliegen die Berufe einem großen Wandel. Es gibt ständig Neuerungen, weshalb wir keine Inhalte mehr vermitteln können, die ein Leben lang Gültigkeit haben“, erläutert Schneider. Fachkräfte müssten stattdessen ein Leben lang lernen, wofür man in der Theodor-Litt-Schule den Boden bereiten wolle. Eine Möglichkeit dazu sei das offene Rahmenkonzept, das den Auszubildenden mehr Freiräume und Eigenverantwortung im Lernprozess eröffne. Zwar gehe es natürlich auch nach wie vor um Wissensvermittlung, aber der Erwerb von Kompetenzen stehe heute deutlich im Vordergrund. Dies erfolge in sogenannten Lernsituationen, die komplette Situationen des künftigen Berufsalltags wie beispielsweise das Abarbeiten eines Kundenauftrags umfassen können. „Das ist nur möglich, weil das Raumkonzept darauf abgestimmt ist. Abgeschlossene Räume würden diesem Ansatz widersprechen“, betont Schulleiter Michael Brumhard. Es sei wichtig, dass die Stadt als Schulträger das Geld in die Hand genommen hat, um die Voraussetzungen für diese neue Lernform zu schaffen. Im Grunde habe man eine Chance genutzt: Da der Altbau nahezu entkernt werden musste, sei es möglich geworden, die Räume auch in ihrem Zuschnitt zu verändern, weiß die Stadträtin.

Flankiert wird das Raumkonzept durch zwei besondere Online-Plattformen. „Die eine Lernplattform ist wie die Schultasche des Lehrers“, erläutert Schneider. Dort würden unter anderem Arbeitsaufträge oder Links zur Verfügung stehen, die im Unterricht eingesetzt werden. Auf Plattform zwei können die Schüler unter anderem ihre Arbeitsergebnisse beispielsweise in Form von Texten, Videos und Fotos hochladen oder auch gemeinsam an Projekten arbeiten. Ob die Ergebnisse später nur von der Klasse oder dem gesamten Web eingesehen werden können, entscheiden die Publizierenden selbst.

„Es kommt auch schon oft vor, dass Schüler, die krank sind, sich über diese Plattform beteiligen“, berichtet Schneider. „Wenn wir uns die Anforderungen in der beruflichen Bildung anschauen, dann zeigt sich, wie wichtig und notwendig es ist, dass sich Schulen entsprechend verändern und die Schulträger in diesem Prozess das Notwendige tun“, so Eibelshäuser, die erläutert, dass die Arbeiten an der Theodor-Litt-Schule noch nicht vollständig abgeschlossen sind. Voraussichtlich im Frühjahr werden sie es sein.

 Gießener Anzeiger, Freitag, 03. März 2017